Seit 1992 zählt der Rammelsberg in Goslar zum UNESCO-Weltkulturerbe. Er war damit seinerzeit die erste Welterbestätte der Industriekultur in Deutschland. Zusammen mit der Oberharzer Wasserwirtschaft und der Altstadt von Goslar umfasst die Stätte rund 1000 Monumente auf einer Fläche von 200 Quadratkilometern. Sie ist damit Zeugnis einer 3000jährigen Bergbautradition.
Aus der Größe der Stätte und ihrer weit in die Vergangenheit zurückreichenden Geschichte ergibt sich eine räumliche und funktionale Komplexität, die die Verantwortlichen vor Ort gerade im Hinblick auf Aspekte der Vermittlung vor Herausforderungen stellt. Ein Mittel, eine solch komplexe Stätte ‚greifbar‘ zu machen, ist der Einsatz digitaler Medien. Die Tagung, der auch das Projektbüro des Mühlsteinreviers RheinEifel beiwohnte, hatte sich genau das zum Thema gemacht. Parallelen zwischen Harz und Eifel konnten schnell gezogen werden: Die Repräsentation des Mühlsteinreviers RheinEifel, das sich als serielles Kulturgut um den Welterbe-Status bewirbt, gestaltet sich aufgrund seiner Zergliederung in fünf Bestandteile ebenfalls schwierig. Digitale Verfahren wären insofern auch hier eine mögliche Lösung.
Die Tagung, die vom niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, der TU Braunschweig und dem Weltkulturerbe Rammelsberg organisiert wurde, war interdisziplinär, d.h. fächerübergreifend angelegt. Sie verband geistesgeschichtliche und denkmalpflegerische Perspektiven mit Ansätzen der Informatik, was zu einem lebendigen Austausch zwischen den unterschiedlichen Disziplinen führte.
Die digitale Repräsentation von Denkmälern gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Ahr-Flut von 2021 hat uns eindrücklich vor Augen geführt, wie wichtig die digitale Dokumentation von Denkmälern gerade im Hinblick auf Katastrophenschutz ist. Digitale Verfahren dienen aber auch der Vermittlung: So lassen sich mit Hilfe von 3D-Modellen u.a. verschiedene Bauphasen eines Bauwerks nachzeichnen. Am Beispiel der Tagesanlagen des Rammelsbergs wurde die Methodik dazu erläutert: Die Aufnahme erfolgt mit Kameras oder Laserscannern. Auf diese Weise werden sog. Punktwolken erzeugt, die die Grundlage der Modellierung bilden. Zum Einsatz kommen sowohl terrestrische (d.h. bodengebundene) Systeme als auch Drohnen. Die Kopplung der Verfahren ermöglicht es, später ein vollständiges Modell zusammensetzen. Im Falle des Rammelsbergs waren hierzu 1500 Scans mit einem Datenvolumen von ca. 1,5 Terabyte notwendig.
Der Höhepunkt der Tagung war dann aber eine analoge Führung durch die in den 1930er Jahren entstandenen Tagesanlagen. Hier wurde unter Anwendung des sog. Flotationsverfahrens das Erz des Rammelsbergs aufbereitet. Während des Rundgangs können die Besucher mit Tablets oder ihrem Smartphone einen Blick in die Vergangenheit werfen, sodass die digitalen Anwendungen inzwischen in die Führungen integriert werden. Aus Sicht des Projektbüros war die Tagung ein voller Erfolg. Man konnte nicht nur viele neue Kontakte knüpfen; es entstanden auch verschiedene Ideen, wie eine digitale Repräsentation des Mühlsteinreviers RheinEifel aussehen könnte.